Brauchtum…

Altes ehren und nei auflebn lossn…

Januar
Heiligen 3. Könige
Im Volksglauben spielt vor allem der Vorabend zum Dreikönigstag eine besondere Rolle: als letzter Abend der zwölf Rauhnächte galt er als der Schlimmste und hieß deswegen Oberstnacht. In der Kirche wird am ‚Fest der Erscheinung des Herrn‘ das Evangelium der drei Weisen (Mt., 1-12) gelesen, die kamen, um das Kind anzubeten und ihm ihre Gaben darzubringen. Zusätzlich wird das Taufwasser geweiht; ebenso Kreide, Weihrauch und Salz für den Hausgebrauch. Auf den Bauernhöfen wurde und wird ein Teil des geweihten Salzes gleich dem Vieh gegeben, um es vor Krankheiten zu bewahren. Mit der geweihten Kreide werden die Segenszeichen ‚C+M+B – Christus Mansionem Benedicat – Christus segne dieses Haus‘ an die Türen geschrieben.

Sternsingen
Als ‚Sternsingen‘ bezeichnet man den Umgang der als Kaspar, Melchior oder Balthasar verkleideten Buben oder Mädchen. Sie tragen einen Stern mit sich, singen in den Häusern verschiedene Dreikönigslieder und schreiben mit geweihter Kreide die Segenszeichen und die Zahl des neu angefangenen Jahres an die Haustüren. Als Gegenleistung erhalten sie Süßigkeiten und kleinere Geldbeträge, die in der Regel für die jährliche Sternsingeraktion der Pfarrgemeinden und des Kinderhilfswerks gedacht sind. Der Sternsingerbrauch wurde erst im Spätmittelalter im Umkreis von Bischofssitzen von Chorschülern ausgeübt. Die älteste überlieferte Quelle stammt aus dem Benediktinerstift St. Peter zu Salzburg aus dem Jahre 1541. Heute gibt es kaum eine katholische Gemeinde in Bayern, in der nicht als ‚Heilige Drei Könige‘ verkleidete Ministrantinnen und Ministranten in den Pfarreien umherziehen, um mit ihren Liedern und Gedichten Spenden zu sammeln.

Rauhnächte
Die zwölf Tage zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar zählt der Volksglaube zu den Rauhnächten, also jenen Nächten, in denen vor allem im alpenländischen Raum Haus und Hof ausgeräuchert und mit Weihwasser ausgesprengt werden müssen, damit sie nicht von bösen Geistern eingenommen werden. Diese ziehen nämlich in wilder Jagd durch die Lüfte und versuchen den Menschen Unheil zuzufügen. Die Silvesternacht und die ‚Oberstnacht‘ (Nacht zum 6. Januar) galten als die gefährlichsten Nächte. In den Rauhnächten durften Frauen und Kinder nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Haus und Hof, Küche und Werkstatt mussten aufgeräumt sein, Wäsche durfte nicht auf der Leine hängen, weil Unordnung von den Geistern bestraft wurde. In der Christnacht konnte sich Wasser in Wein verwandeln, Tiere konnten in dieser Nacht sprechen und auf ihre Art Weihnachten feiern.
In der christlichen Überlieferung gilt die Zeit zwischen 25. Dezember und 6. Januar als Verbindung zwischen dem ‚Fest der Menschwerdung Jesu‘ und dem ‚Fest der Erscheinung des Herrn‘. Der Zeitraum gilt als heilige Zeit, die durch Arbeits- und Gerichtsruhe gekennzeichnet ist und in der darum bestimmte Tätigkeiten verboten sind. Dass in dieser heiligen Zeit auch unheilige Figuren auftreten hat den Sinn, auf die Verfallenheit des Menschen und das Böse in ihm hinzuweisen. Die ‚Oberstnacht‘ wird auch ‚Obrist-Tag‘ genannt und der bezeichnet das ‚Fest der Erscheinung des Herrn‘, also den Dreikönigstag.

Februar
Maria Lichtmess
Im liturgischen Kalender wird ‚Maria Lichtmess‘ als ‚Fest der Darstellung des Herrn‘ begangen. An diesem Tag endet der Weihnachtsfestkreis und in vielen Familien und Pfarreien ist der 2. Februar der definitiv letzte Termin, um die Weihnachtskrippen wegzuräumen und für das nächste Jahr zu verstauen.
Das Fest ‚Maria Lichtmess‘ wurde in Rom um das Jahr 650 eingeführt. Im mosaischen Gesetz war vorgeschrieben, dass ein neugeborenes Kind innerhalb einer bestimmten Frist in den Tempel gebracht werden muss. Jesus ist der Herr des Tempels und wird vom greisen Simeon und der Prophetin Hannah erkannt und bezeichnet (Lk 2, 22 – 40).
Die Ostkirche verstand dieses Ereignis als ‚Fest der Begegnung des Herrn‘, während es im Westen ein Marienfest wurde.
Die Kerzenweihe und die Lichterprozessionen, die vielerorts stattfanden, galten der Ehre Mariens, kamen erst später hinzu und prägten den Namen ‚Maria Lichtmess‘. Seit der Liturgiereform spricht man in Kirchenkreisen wieder korrekt vom ‚Herrenfest‘ und führte offiziell den Namen ‚Darstellung des Herrn‘ ein. In allen katholischen Pfarreien Bayerns wird der Lichtmesstag liturgisch gefeiert. Vielerorts wird nach wie vor der Jahresbedarf an Kerzen geweiht und Pfarrgemeinderat oder Kirchenverwaltung verkaufen Kerzen für caritative Zwecke.
Im Volksglauben und umgangssprachig hält sich nach wie vor die Bezeichnung ‚Maria Lichtmess‘ und mit diesem Tag ist einige Symbolik und Historie verbunden. Lichtmess war im Bauernjahr ein wichtiger Lostag und ein Markstein im bäuerlichen Jahreslauf. An Maria Lichtmess wurden die Dienstboten entlohnt und hatten einige Tage (meistens bis zum Namensfest der Hl. Agatha am 5. Februar) frei. Es war der einzige ‚Urlaub‘, den die Bediensteten bekamen. Gleichzeitig war Lichtmess der einzige Termin im Jahreslauf, an dem sich die Knechte und Mägde einen anderen Bauern oder Dienstplatz suchen durften.

St. Balsius/Blasiussegen
Am 3. Februar ist der Namenstag des Hl. Blasius. Er war Bischof von Sebaste in Armenien und starb Anfang des 4. Jh. den Märtyrertod. Der Hl. Blasius zählt zu den 14 Nothelfern und gehört somit zu jenen Heiligengestalten, denen man besonders vertraut und bevorzugt seine Anliegen darbringt. Der Hl. Blasius wird bei Halsleiden und -beschwerden jeglicher Art und bei Zahnschmerzen angerufen. Die Geschichte erzählt, dass er einst einem kleinen Buben das Leben gerettet hat, als dieser an einer Fischgräte zu ersticken drohte. Zur Erinnerung daran wird an seinem Namensfest in den Kirchen der Blasiussegen erteilt.
Der Priester hält zwei gekreuzte brennende Kerzen an den Hals der Kirchenbesucher und spricht folgende Segensworte:
‚Durch die Fürsprache des heiligen Bischofs und Märtyrers Blasius wolle dich Gott befreien von jeglichem Übel des Halses, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen‘

März
Aschermittwoch
Der Aschermittwoch ist der Tag, mit dem die vorösterliche Fastenzeit beginnt. Zählt man die Sonntage nicht als Fasttage und rechnet man Karfreitag und Karsamstag mit hinein, so ergeben sich 40 Fasttage bis zum höchsten christlichen Festtag Ostern, an dem der Auferstehung Jesu Christi gedacht wird.
Weil sich die Gläubigen und Büßer am Aschermittwoch als Zeichen der Vergänglichkeit und Umkehr Asche auf ihr Haupt streuen lassen, erhielt dieser Tag den Namen ‚Aschermittwoch‘. Der Priester zeichnet den Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn und spricht dazu: ‚Bedenke, oh Mensch, dass Du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst‘.
Die Asche, die der Pfarrer verwendet, stammt traditionell von den übrigen Palmzweigen des Palmsonntags des vergangenen Jahres.
Prinzipiell bedeutet die Fastenzeit für die gläubigen Christen die Hinwendung zu neuem Leben. Mit den alten (schlechten) Gewohnheiten soll gebrochen werden und der ’neue Mensch‘ wird geläutert hervorgehen.

Fastensonntag
Die Fastensonntage sind nach dem ersten Wort des Stufengebetes benannt. Der Name des Sonntags ‚Invocavit‘ oder ‚Invocabit‘ leitet sich von den ersten Worten der lateinischen Antiphon, d. h. dem Eingangsgebet der Messe ab: ‚Invocavit me‘ (‚Er ruft mich an‘). ‚Invocavit‘ ist also der erste katholische Fastensonntag und somit der erste Sonntag nach Aschermittwoch. Er wird in machen Gegenden auch als Funkensonntag bezeichnet.
Es folgen der zweite und dritte Fastensonntag. Der vierte Sonntag der Fastenzeit wird als ‚Mittfasten‘ bezeichnet und heißt auch ‚Sonntag Laetare‘; danach endet die numerische Reihung und die ‚Passionssonntage‘ beginnen.

Fastenzeit
Ostern ist ein bewegliches Fest, das auf dem Konzil von Nicäa 325 auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgesetzt wurde. Dementsprechend fällt es in den Zeitraum zwischen dem 22. März und dem 25. April. Papst Gregor der Große hat um 600 die vorgelagerte vierzigtägige Fastenzeit begründet.
Zählt man nun von Ostern aus 40 Tage und 40 Nächte zurück, ergibt sich als Beginn der Fastenzeit der Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern. Dieser 6. Sonntag vor Ostern erhielt im Hinblick auf die genannten 40 Tage den Namen ‚Dominicia Quadragesima‘ oder ‚Invocavit‘.
Nach der neuen Fastenordnung ist der Beginn der Fastenzeit immer der Mittwoch nach dem 7. Sonntag vor Ostern (Aschermittwoch). Jene, die die Fastnacht weiterhin nach der alten Fastenordnung beenden, schließen sie nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocabit) ab und fallen damit bereits in die liturgisch geltende Fastenzeit. Es kam daher zu der Unterscheidung zwischen ‚Herrenfastnacht‘, weil die Obrigkeit der Nacht vor dem Aschermittwoch den Vorzug gab, und der ‚Bauernfastnacht‘, da die einfache Bevölkerung noch lange an der alten Ordnung festhielt.
Während der Fastenzeit gilt für die Christen die Fastenpflicht. Außerdem besteht die Verpflichtung zur Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste, sowie zur Teilnahme an der Osterbeichte.

April
Karfreitagsratschen
Am Gründonnerstag läuten die Kirchenglocken zum letzen Mal, bevor sie – der Legende nach – zur Erinnerung an das Leiden des Herrn verstummen und nach Rom fliegen. Als Ersatz treten am Karfreitag und Karsamstag die Ratschen in Aktion. Die Ministranten bauen die Ratschen vor der Kirche auf und ‚läuten‘ so zum Gottesdienst.

Eier
Bereits vor 5000 Jahren wurden in China zum Frühlingsbeginn Eier verschenkt. In der chinesichen Kultur galten sie als Zeichen der Fruchtbarkeit. Auch im Judentum spielt das Ei eine große symbolische Rolle. Es steht sinnbildlich für den zyklischen und fortlaufenden Charakter des Lebens. In der christlichen Tradition war es im Mittelalter verboten, Eier und Eierspeisen zu essen, weil Eier zu den Fleischspeisen gerechnet wurden. Dieses Verbot wurde erst durch die ‚Eierweihe‘ aufgehoben.
Die christlichen Ostereier symbolisieren das neue Leben, das die Eierschale immer wieder durchbricht; genau wie Jesus Christus Tod und Grab mit der Auferstehung überwand. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den roten Eiern zu. Die rote Farbe verweist auf den lebendigen, auferstandenen Christus und das durch ihn vergossene Blut.

Freinacht
Die Freinacht war in der Vergangenheit den ledigen Burschen vorbehalten, die sich einen Spaß daraus machten, Türen und Tore auszuhängen, Blumentröge, Hausbänke, nicht abgeschlossene Fahrräder, Schubkarren usw. zu ‚verziehen‘ und neue Ensembles auf dem Dorfplatz zu gestalten. Sehr beliebt war es auch, eine ‚Spur‘ von ‚ihm‘ zu ‚ihr‘ zu legen. Entweder verwendete man dafür Sägemehl oder malte als Verbindung zwischen den beiden Häusern einen weißen Farbstrich auf die Straße, der – zum großen Bedauern der Betroffenen – weit über den 1. Mai hinaus hielt. Solche Lektionen waren für die beteiligten Parteien in der Regel schwer zu verkraften, vor allem, wenn die Beziehung noch nicht öffentlich war. Manchmal nutzten die Jugendlichen die Freinacht auch dafür, Ereignisse aus dem Gemeindeleben oder die verantwortlichen Lokalpolitiker zu karikieren. So wurden z. B. Ortsschilder mit Spottnamen überklebt oder an den Rathäusern Transparente mit frechen Versen angebracht.
Die Ursprünge der Freinacht liegen nicht – wie oft vermutet und behauptet – in alten Hexenkulten, sondern haben mit dem alten Musterungstermin am 1. Mai zu tun. Vor dem Eintritt in den Militärdienst bot sich hier für die jungen Männer noch einmal die Gelegenheit zu ausgelassenen Streichen, bevor für sie der ‚Ernst des Lebens‘ in den Kasernen – weit weg von der Heimat – begann.

Mai
1. Mai
Der 1. Mai ist ein markantes Datum, das unterschiedliche Bedeutungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen hat:
1. Bäuerliche Bevölkerung
Für die bäuerliche Bevölkerung war der 1. Mai ein wichtiger Lostag, der den Sommeranfang markierte. Außerdem beteiligte sich natürlich die Landbevölkerung an den diversen Maibräuchen wie Maitanz, Maibaumaufstellen, Maien und Schandmaien stecken.
2. Arbeiter, Angestellte, Gewerkschafter
Für die gewerkschaftlich organisierten Angestellten und Arbeiter ist der 1. Mai ein wichtiger Tag, an dem die Maikundgebungen abgehalten werden und Stellungnahme zum tagespolitischen Geschehen bezogen wird. Mitte der achtziger Jahre des 19. Jh. beschlossen amerikanische Gewerkschaften erstmals für die Durchsetzung eines Acht-Stunden-Tages am 1. Mai 1886 einen mehrtägigen Generalstreik zu führen.
In Anlehnung an den großen amerikanischen Generalstreik, an dem sich damals 400.000 Arbeiter beteiligten, beschlossen auch im Deutschen Reich verschiedene Gewerkschaften erstmals zum 1. Mai 1890 zu streiken. Es nahmen trotz massiver Drohungen seitens der Arbeitgeber ca. 100.000 Arbeiter an den Streiks und den ‚Maispaziergängen‘ teil. Auf dem Parteitag in Halle 1890 beschloss die SPD, den 1. Mai als dauerhaften ‚Feiertag der Arbeiter‘ einzuführen. Im April 1919 erklärte die Nationalversammlung den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag. Das Gesetz war aber auf den 1. Mai 1919 begrenzt, die spätere Regelung sollte in eine internationale Lösung eingebunden werden. Versuche des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) und der SPD, den Tag der Arbeit über 1919 hinaus als gesetzlichen Feiertag dauerhaft zu sichern, blieben erfolglos. Hitler übernahm und missbrauchte die Idee des ‚Tages für den Arbeiter‘ und erklärte 1933 den 1. Mai zum ‚Feiertag der Nationalen Arbeit‘, an dem Paraden, Aufmärsche und Leistungsschauen der deutschen Industrie stattfanden. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten nutzten Oppositionelle das Datum immer wieder für symbolträchtige Aktionen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 1. Mai 1946 durch den alliierten Kontrollrat bestätigt. Maikundgebungen durften jedoch nur in beschränkter Form durchgeführt werden und mit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 1949 zeichnete sich der Bundesvorstand für die Maifeiern verantwortlich und von dort aus werden bis heute die Maiaufrufe und die zentralen Maiparolen beschlossen.
3. Katholiken
Den Traditionen der christlichen Soziallehre folgend, hat Papst Pius XII den 1. Mai zum Tag ‚Joseph des Arbeiters‘ erklärt. 1616 prägte Kurfürst Maximilian I. von Bayern für Maria den Titel der ‚Patrona Bavariae‘ und führte den 14. Mai als Festtag für das Königreich Bayern ein. Durch die nachvatikanische Neuordnung der Diözesankalender wurde es auf den 1. Mai vorverlegt und in den bayerischen Diözesen wird der Tag mit feierlichen Gottesdiensten und Maiandachten begangen. Kurfürst Maximilian lebte eine sehr persönliche Marienfrömmigkeit und richtete in ganz Bayern Marienwallfahrten ein, sammelte Marienreliquien und ließ Marienmünzen und -medaillen prägen.
Angesichts der Besetzung Bayerns durch die schwedische Armee gelobte der Kurfürst im Jahre 1632, ‚ein gottgefälliges Werk anzustellen, wenn die hiesige Hauptstadt und auch die Stadt Landshut vor des Feinds endlichem Ruin und Zerstörung erhalten würde‘. Nachdem die schwedischen Truppen die beiden Städte ohne Zerstörung verlassen hatten und Maximilian I. nach München zurückgekehrt war, begann der Kurfürst sein Gelübde zu erfüllen. Er beschloss jährlich Dankprozessionen zu Ehren Gottes und Mariens abzuhalten und darüber hinaus ein Denkmal errichten zu lassen. Im Dezember 1637 wurde auf Geheiß des Kurfürsten der Grundstein für eine Säule mit einem Marienstandbild auf dem Marktplatz in München – dem heutigen Marienplatz – gelegt.

Maibaum
Wenn heute von einem Maibaum die Rede ist, dann geht man automatisch vom Typ des Figuren geschmückten Orts-Maibaumes aus, wie er vor allem in Oberbayern üblich ist. Das Aufstellen eines entasteten, entrindeten und manchmal weiß-blau bemalten Orts-Maibaumes bürgerte sich im 16. Jh. ein. Die Bildzeichen und ‚Taferl‘ mit den Zunftzeichen der verschiedenen ortsansässigen Handwerker kamen erst im 18. Jh. dazu. Eine der ältesten bildlichen Darstellungen eines Maibaumes ist auf einem Fresko aus der Zeit um 1590 von Hans Donauer im Antiquarium der Münchener Residenz zu finden. Es zeigt ‚Starnberg mit der Burg‘ und rechts vom Schloss ist deutlich ein Maibaum mit doppelseitigen Sprossen für Embleme zu finden.
1. Fällen und Abtransport
Das Aufstellen eines Dorfmaibaums ist stets ein gemeinschaftliches Unternehmen. Entweder übernimmt die Organisation und Durchführung ein örtlicher Verein oder, wie bei uns in Benediktbeuern, die ledigen Burschen und Mädchen organisieren sich selbst. Sie wählen aus ihren Reihen einen ‚Maibaumchef‘ – meistens einen Landwirt, Schreiner oder Zimmerer, der sich mit Holz und dem dazugehörigen Werkzeug auskennt. Üblicherweise sind die Aufgaben traditionell getrennt. So kümmern sich die Männer um den Baum selbst und übernehmen das Fällen, den Transport und das Aufstellen, das Sammeln um Geld- und Sachspenden im Vorfeld, während die jungen Frauen für das Binden der Girlanden und den sonstigen Schmuck und für das ‚Maibaumwaschen‘ zuständig sind. Für den Zeitpunkt des Fällens ist es wichtig zu wissen, ob der Maibaum einen weiß-blauen Anstrich erhält oder ‚roh‘, d. h. entastet und entrindet aufgestellt wird. Der Maibaum wird in der Regel von einem Waldbauern gestiftet. Bei der Auswahl des Baumes wird sorgfältig darauf geachtet, dass das Exemplar mindestens 30 m hoch und von kerzengeradem Wuchs ist, weil es schließlich die nächsten drei Jahre die Ortsmitte markieren und verzieren soll.
2. Herrichten und Bemalen
Unmittelbar nach dem Fällen wird der Baum entastet und entrindet, mit heißem Wasser abgewaschen und evtl. noch glatt gehobelt. Dazu hievt man ihn auf Schrägen, um effizienter arbeiten zu können. Normalerweise ist am 1. Mai in den Orten, in denen ein Maibaum aufgestellt wird, die Ortschaft für den Durchgangsverkehr gesperrt, damit die Vorbereitungen für das Aufstellen reibungslos ablaufen können. Soll der Stamm bemalt werden, so wird der Baum in eine geeignete Werkstatt oder Maschinenhalle gebracht, damit die Arbeiten für die zeitaufwendige Bemalung vom Wetter unabhängig sind. Das eigentliche Problem ist hier jedoch die Diebstahlsicherheit.
3. Bewachung
Wo ein Maibaum aufgestellt wird, lauern die Maibaumdiebe. Dieses ungeschriebene Gesetz gilt schon einige Jahrzehnte und hat schon die Gerichte beschäftigt. In den umliegenden Ortschaften lauern die Konkurrenten quasi schon, um einen Moment der Müdigkeit, der Unaufmerksamkeit oder des Leichtsinns zu erwischen, in dem sie dann die kostbare Beute entführen können. Natürlich ist ein gestohlener Maibaum eine (kleine) Niederlage, aber in der Regel sehen es die Beteiligten sportlich. Unterhändler werden zu Verhandlungen geschickt, um die Rückgabebedingungen festzulegen. Ein paar Fässer Bier, Brotzeiten und ein gemeinsamer Abend reichen in den meisten Fällen aus, um den Maibaum wieder in die rechtmäßigen Hände zurückzuführen. Um dieser ‚Schmach und Schande‘ zu entgehen entwerfen die Maiburschen ausgeklügelte Bewachungspläne und Absperrmechanismen.
4. Aufstellen
Hat der Maibaum alle Gefahren gut überstanden, beginnt das Aufrichten. Es hat – so schreibt es ein ungeschriebenes Gesetz vor – allein mit Muskelkraft zu geschehen. Mit Befehlen wie ‚Hauruck‘ und ‚Zugleich‘ und unter Zuhilfenahme von so genannten ‚Zangen‘ oder ‚Schwaibeln‘, so wie einer großen Portion Anstrengung rutscht der Baum immer weiter in die Höhe. So bald er senkrecht steht, wird er in der vorbereiteten Verankerung befestigt, die weißblaue Fahne aufgezogen und die Musikkapelle spielt zum Maitanz auf. In Benediktbeuern werden die Zunftzeichen erst angebracht, wenn der Baum bereits steht, während in manchen Gegenden die Embleme und Figuren bereits beim Aufstellen den Baum zieren.

Maiandacht
Maiandachten erfreuen sich im katholischen Bayern großer Beliebtheit. Viele Kirchen und Kapellen werden im Mai festlich mit Hortensien und anderen Frühlingsblumen geschmückt und je nach Pfarrei finden ein bis drei Mal wöchentlich Maiandachten statt. Sie entstanden als barocke Frömmigkeitsform und Dokumente belegen, dass die erste Maiandacht 1784 in Ferrara stattfand. Im 19. Jh. setzte sich diese Andachtsform weltweit in der katholischen Kirche durch.
In Deutschland gab es die erste Maiandacht 1841 im Kloster der Guten Hirtinnen in München-Haidhausen. Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts war es in vielen Familien üblich, im Monat Mai auch zuhause einen Maialtar zu gestalten. Dabei wurde eine Marienstatue mit Blumen, vorzugsweise mit Maiglöckchen, geschmückt.

Juni
Fronleichnam
Beim Fronleichnamsfest handelt es sich um das Erinnerungsfest an die Einsetzung des Altarsakraments, das eigentlich streng liturgisch am Gründonnerstag gefeiert werden müsste. Die Passionswoche entspricht nicht dem frohen Charakter und der Aufbruchsstimmung, die eigentlich von diesem Tag ausgehen soll. Deswegen wurde es an das Ende der österlichen Zeit gelegt und wird am Donnerstag nach Trinitas (= erster Sonntag nach Pfingsten oder Dreifaltigkeitssonntag) oder am zweiten Sonntag nach Pfingsten gefeiert.
Die Festbezeichnung Fronleichnam setzt sich aus den mittelhochdeutschen Wörtern ‚vron‘ (= göttlich), ‚lich‘ (= Körper, Leib) und ‚hama‘ (= Hülle) zusammen, die sich über ‚vronlicham‘ zu Fronleichnam weiterentwickelten. Im Mittelpunkt der Verehrung steht somit der ‚Leib des Herrn‘, der in der Hostie gegenwärtig ist. Entstanden ist das Fronleichnamsfest im 13. Jh. in der Diözese Lüttich, wo die Augustinernonne Juliane von Lüttich eine Vision erfahren hat. Am 11. August 1264 wurde es von Papst Urban IV. zum allgemeinen kirchlichen Fest erhoben. Die Dominikaner und hauptsächlich Thomas von Aquin setzten sich sehr für die Feier dieses Tages ein. Die erste Fronleichnamsfeier fand 1264 in Rom statt.

Fronleichnamsprozession
Der Fronleichnamstag wird in Bayern manchmal auch als ‚Prangertag‘ oder ‚Großer Prangertag‘ (prangen = geschmückt, geziert sein) bezeichnet. Die Fronleichnamsprozession versinnbildlicht gelebtes Christentum. Am Ende des Osterfestkreises wird Christus in Gestalt einer geweihten Hostie durch die Städte und Gemeinden getragen. Im Tagesevangelium heißt es dazu: ‚Es begleitete ihn auf dem Weg das Volk in großen Scharen‘ (Lukas, 14, 25 ff). Die Grundelemente der heutigen Fronleichnamsprozessionen stammen aus spanischen Prozessionsordnungen des 16. Jh. und wurden von Jesuiten in Bayern eingeführt. Elemente dieser alten Ordnungen sind bis heute üblich. So gehören nach wie vor die Monstranz, der Baldachin und die ‚Lebenden Bilder‘ zu jeder Fronleichnamsprozession.
Eröffnet wird die Prozession nach den alten Ordnungen nicht durch den Priester mit dem Allerheiligsten wie man vielleicht annehmen würde, sondern durch die Ministranten mit einem Vortragkreuz, danach folgen die Schul- und Erstkommunionkinder, denen sich die örtlichen Vereine und Berufsgruppen anschließen. Der Traghimmel oder Baldachin, dem die ‚Himmelfahne‘ vorausgeht wird üblicherweise von den Honoratioren getragen und von Antlaß-Schützen flankiert. Weihrauchschwingende Ministranten begleiten die Monstranz mit dem Allerheiligsten, bevor die Musikkapelle und Frauen und Männer getrennt folgen.
Zur prunkvollen Ausgestaltung gehören außerdem Heiligenfiguren, die bei der Prozession mitgetragen werden, sowie Blumenteppiche, die in diffiziler Kleinarbeit hergestellt werden. Nach einer Messe bewegt sich der Zug an festlich geschmückten Häusern vorbei zu den am Prozessionsweg aufgebauten Evangelienaltären, an denen kurz angehalten wird.
Die erste Fronleichnamsprozession in Bayern fand 1273 in Benediktbeuern statt.

Antlaß-Sonntag
Zum Schutze des Allerheiligsten und der Geistlichen auf ihren weiten Seelsorgewegen und auf Prozessionen wurden 1695 bewaffnete Schützenbruderschaften, sog. Antlaßschützen, gebildet, deren Tradition heute noch die ‚Antlaß-Schützenkompanie Benediktbeuern-Ried‘ in historischen Uniformen fortführen.
Am Antlaß-Sonntag, dem 1. Sonntag nach Fronleichnam, findet eine Prozession vom Kloster Benediktbeuern ins Nachbardorf Bichl statt, in der die Antlaß-Schützenkompanie ihrem historischen Auftrag gerecht wird und das Allerheiligste und die Geistlichkeit auf ihrem Weg flankiert.

August
Maria Himmelfahrt
Mit dem Hochfest ‚Mariä Aufnahme in den Himmel‘ begeht die katholische Kirche gleichzeitig das Gedächtnis an den Heimgang (= Tod) Marias. Ursprünglich wurden beide Gedenktage getrennt gefeiert. Unter Kaiser Mauritius (582 – 602) wurden sie jedoch vereinigt und auf den 15. August gelegt. Zu diesem Anlass hielt man in Rom feierliche Prozessionen ab.

Oktober
Kirchweih
Der dritte Sonntag im Oktober ist der Kirchweihsonntag, der auch ‚Allerweltskirta‘ genannt wird. Seit dem Zeitalter der Aufklärung wurde das ‚Große Kirchweihfest‘ im Gegensatz zum Gedenken an den individuellen Weihetag der Pfarrkirche oder dem Patrozinium landesweit einheitlich im Oktober gefeiert. Dieses Fest ist im Volksglauben stark verankert und mit vielen Bräuchen verbunden. Weit hin sichtbares Zeichen ist der ‚Zachäus‘ oder in Bayern auch ‚Zacherl‘ genannt; eine rot-weiße Fahne, die am Kirchweihsonntag von den Kirchtürmen weht und die Menschen an das Tagesevangelium erinnert (Lk, 19, 1 – 10), wo der Zöllner Zachäus auf einen Baum gestiegen war, um den vorübergehenden Jesus zu sehen.
Die Kirchweih, der Kirta, die Kerwa oder die Kirwa waren ein großes Familien- und Dorffest, das schon Tage vorher vorbereitet wurde. Die Ernte war eingebracht und die meisten Feldarbeiten beendet. Es war einerseits Zeit zum Danken und andererseits Zeit zum Feiern. Das Kirchweihessen war üppig. Es wurde aufgetischt, was die Küche hergab. Neben den Kirchweihgänsen und -enten gab es Knödel, Blaukraut, Salat usw.. Besonders beliebt waren die ‚Kirchweihnudeln‘, die im heißen Fett heraus gebacken wurden.

November
Allerheiligen / Allerseelen
Allerheiligen wurde von Papst Gregor IV im 9. Jh. auf den 1. November festgelegt. Allerseelen ist als Gedenktag für alle Verstorbenen in der Kirche seit dem 11. Jh. eingeführt. Üblicherweise kommen am Allerheiligentag die Familien zusammen und besuchen gemeinsam die Gräber der Verstorbenen. Die Gräber werden zu diesem Anlaß besonders festlich ‚gerichtet‘. Ein äußeres Zeichen dafür, dass man den Toten gegenüber Ehrfurcht und Respekt zeigt und ihnen einen angemessenen Platz im Herzen zugesteht.
Allerheiligen gilt kirchenrechtlich als Sammelfest für heilige Märtyrer und alle anderen Heiligen. Der älteste Beleg für Allerheiligen findet sich bei Johannes Chrysostomos für Antiochien im 4. Jh. Dort wird der ‚Herrentag aller Heiligen‘ beschrieben. Der 1. November markierte den Winterbeginn und war zugleich Jahresanfang.

Leonhardi
Am 6. November ist der Namenstag des Heiligen Leonhard. Leonhard ist kein deutscher Heiliger, sondern lebte der Legende nach im heutigen Frankreich. Dort lebte und wirkte er im Kloster Nobilacum und starb am 6. November 559 als Abt. Wegen seines gottgefälligen Lebenswandels und den vielen Wundern, die sich bei seiner Anrufung ereigneten, wurde St. Leonhard zu einem beliebten und begehrten Nothelfer. Er gilt als Wohltäter der Gefangenen, der Metzger und Schäffler und natürlich als Viehpatron.
Auf seine Fürbitte hin wurden viele kranke Tiere geheilt oder vor Seuchen bewahrt. In der bäuerlichen Gesellschaft war und ist das Auskommen und der wirtschaftliche Erfolg direkt vom Zustand des Viehs im Stall abhängig, weshalb die Bauern den Segen des Hl. Leonhard für unerlässlich hielten. Zahlreiche Leonhardskirchen, Votivtafeln und nicht zuletzt die Leonhardifahrten, von der hier in Benediktbeuern eine besonders schöne veranstaltet wird, zeugen davon.

Dezember
Barbarazweige
Der Brauch, Zweige von Obstbäumen oder Forsythiensträuchern zu schneiden und ins Wasser zu stellen, ist noch weit verbreitet. Man erhofft sich, dass die Zweige am Heiligen Abend aufblühen und wertet es als gutes, glückliches Zeichen. Es besteht eine Analogie der blühenden Zweige zu dem Wunder, das sich für den gläubigen Menschen in der Christnacht ereignet. Hinter dem blühenden Brauch steckt die Überlieferung, dass die im kalten Winter verdorrten Blüten auf dem Grab der Heiligen Barbara genau am Abend des 24. Dezembers wieder aufblühten.